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Was steckt hinter Narzissmus?

Der Narzissmus ist eine weit gefürchtete Persönlichkeitsform. Aber was bedeutet das eigentlich? Wir klären auf!

Ist dir schonmal ein Narzisst begegnet? Wenn du auf den Begriff stößt, fragst du sicherlich zunächst Google oder hörst dich in deinem Umfeld nach Erfahrungsberichten um. Im Netz erschlagen dich seitenweise Headlines wie "Streit mit Narzissten - Unerträglich Zerstörerisch", "Spätfolgen durch Narzisstischen Missbrauch", "Die Rache des Narzissten" oder "Die Stärkste Waffe gegen Narzissten".

All diese Foren, Videos und Beiträge sagen dir eines ganz deutlich: Wenn du einen Narzissten triffst, dann nichts wie weg! Lauf so schnell du kannst und dreh dich nicht um!Was aber, wenn du vielleicht selbst Verhaltensweisen an dir feststellst oder von Menschen quittiert bekommst, die auf eine narzisstische Persönlichkeit hinweisen?

Was ist Narzissmus?

Neben der Psychopathie und dem Machiavellismus gehört der Narzissmus zu der sogenannten "Dunklen Triade". Generell haben wir alle narzisstische Züge an unserer Persönlichkeit, allerdings in geringen Dosen. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen in gesundem Maß gehören zu einer der drei Kategorien vom Narzissmus, und zwar dem positiven Narzissmus.

Die Zweite Form ist die wohl geläufigste: Der grandiose Narzissmus ist eine krankhafte Persönlichkeitsstörung. Personen, die dieser Kategorie angehören erfahren durch ihre Verhaltensweisen immense Beeinträchtigungen im Sozialleben und Arbeitsalltag. Sie beneiden andere Menschen um deren Erfolge, empfinden nur eingeschränkt Empathie und reagieren auf Kritik meist ausfallend oder wütend. Beflügelt von Selbstüberschätzung und Selbsterhöhung fordern Narzissten häufig die übermäßige Wertschätzung und bevorzugte Behandlung anderer ein.

Beim vulnerablen Narzissmus sind die Symptome dieselben wie die der grandiosen Form. Im Gegensatz dazu wirken Betroffene hier nach außen jedoch unsicher und bescheiden. Das geht oft mit starken Selbstzweifeln und sozialer Isolation einher.

Woher kommt eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung?

Genetische Veranlagung oder die frühkindliche Erziehung können den Grundstein für die spätere Entwicklung einer solchen Störung legen. Durch emotionale Vernachlässigung und fehlende Anerkennung der Eltern kann ein Unsichtbarkeitsgefühl entstehen, das im Laufe des Lebens immer wieder durch narzisstische Verhaltensweisen kompensiert werden will.

Das heißt konkret: Wenn deine Eltern dein kleines Haus aus Bauklötzen nicht wahrnehmen, baust du einen Wolkenkratzer, damit deine Leistung gesehen und wertgeschätzt wird. Für das Leben im frühen Erwachsenenalter bedeutet das weiterhin, dass der Ausgleich von Selbstzweifeln durch Leistung geschieht. So enstehen zum Beispiel Menschen, die sich selbst als "Workaholic" bezeichnen. Nicht selten kann das in Folgeerkrankungen wie Burn-Out oder Depressionen enden.

Woran erkenne ich Narzissmus?

Der Entwicklungsprozess einer Persönlichkeitsstörung nimmt schon im Kindesalter seinen Lauf. Du wirst im Sportunterricht immer als letztes ins Team gewählt? Deine unsichere Art bringt dich in peinliche Situationen, wegen derer du ausgelacht wirst? Wenn andere in der Crowd chillen, träumst du von Freundschaft und Integration, während du unsichtbar zusiehst? All diese Dinge lassen dein Selbstwertgefühl auf der Strecke bleiben. Du fühlst dich so nutzlos, dass du anfängst, dich selbst über Grenzen hinaus zu pushen, um endlich Anerkennung zu erfahren!

Du wertest deine Person jedoch nicht nur über Leistung, Geld, schnelle Autos und dicke Immobilien auf - Du gehst noch weiter, und zwar sprichwörtlich über Leichen. Du manipulierst andere Menschen und wertest sie systematisch ab, damit du besser da stehst. Dass das kein feiner Zug ist, ist dir egal - Nach all den Jahren des Loser-Daseins hast du dir schließlich Respekt verdient! Du bist kein Mitläufer und obendrein schlauer als die meisten, deshalb nimmst du dir Kritik nur zu Herzen, wenn sie in deiner Welt plausibel erscheint. In Beziehungen aller Art nimmst du dir das Recht heraus, alles nach deinen Wünschen zu gestalten. Diese und weitere Symptome zeichnen einen Narzissten aus.

Welche Hilfsangebote gibt's für Narzissten und Angehörige?

Manchmal geraten wir in unverhoffte Situationen im Leben. Nach einer Trennung, einem Trauerfall oder dem Verlust des Arbeitsplatzes kann uns eine Krise in ein tiefes Loch stürzen. Erst dann reflektieren wir unsere Persönlichkeit von Grund auf. Wenn du an dir selbst Züge oder Verhaltensweisen bemerkst, die klassischerweise mit Narzissmus in Verbindung stehen, braucht es neben Selbstreflexion auch eine große Portion Mut! Spring über deinen Schatten und starte eine Psychotherapie.

So viel vorweg: Eine narzisstische Persönlicheitsstörung ist nicht heilbar, aber du kannst lernen, sie zu akzeptieren, dein Verhalten verändern und, mit dem Narzissmus zu leben. 

Du stehst auf der anderen Seite des Problems und suchst Hilfe zum Umgang mit Narzissten? Auch hier kann eine Therapie hilfreich sein. Oberstes Gebot ist allem vorweg jedoch: Verliere nicht den Bezug zu dir selbst und grenze dich klar von deinem Gegenüber ab. Je nach Region gibt's in Deutschland auch diverse Angebote an Selbsthilfegruppen zum Thema!