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Welche musikalische Ära hat die europäische Mode am stärksten geprägt?
Bestimmte Styles sind für immer fest mit musikalischen Ikonen verbunden.
Bestimmt hat jeder bei diesem Satz eigene Idole im Kopf, die vielleicht sogar bis zum heutigen Tag zum eigenen Verständnis von Mode beigetragen haben.
Die Musik und die Mode sind seit jeher eng miteinander verknüpft. Das ist nicht erst seit dem 20. Jahrhundert so. Schon seit dem Mittelalter wurden Musiker mit einem bestimmten Kleidungsstil in Verbindung gebracht. Die Kleidung hat seit jeher den Zweck, die eigene Aussage und die eigene Kunst zu unterstreichen. Das ist heute nicht anders als vor mehreren hundert Jahren.
Oftmals kommt der Kleidungsstil der musikalischen Ikonen einer kleinen Revolution gleich, die nicht selten für einen Skandal sorgt. Mit der Zeit gewöhnt sich die Gesellschaft und eingefleischte Fans beginnen sich so zu kleiden wie ihre Helden auf der Bühne. Viele, hauptsächlich die besonders schrillen Trends, verschwinden wieder binnen weniger Monate oder Jahre, andere bleiben und werden so zur Kulturgeschichte, dass so mancher überhaupt nicht mehr um deren Ursprünge weiß. Im Folgenden möchte der Text genauer auf ein paar der interessantesten Wechselwirkungen zwischen der Musik und der Mode eingehen und herausheben, welche Ära wahrscheinlich am prägendsten für das heutige Verständnis von Mode ist.
Das 20. Jahrhundert – die Geburt der Populärmusik
Der Fokus dieses Texts liegt auf dem 20. Jahrhundert, da dieses Jahrhundert die Geburt der Popmusik markiert. Erstmals waren, dank technischer Neuerungen, globale Trends möglich, die bis zum heutigen Tag ihre Spuren hinterlassen haben.
Die Swing- und Jazz-Ära der 20er- und 30er-Jahre
Diese Ära, nach der sich heute noch etliche Menschen sehnen, wird auch als die Goldenen Zwanziger beschrieben. Berlin galt als die freieste Stadt und als Nabel der Welt. Die Jahre des Aufschwungs nach dem Ersten Weltkriegs fühlten sich gerade für junge Menschen wie eine Wiedergeburt an. In alle Richtungen wurde eifrig experimentiert und wenn es Regeln gab, dann nur, um diese zu brechen.
Aus modischer Sicht fällt in diese Zeit die Erfindung der Flapper-Kleider, die immer wieder auftauchen und wahrscheinlich nie wieder von der Bildfläche verschwinden werden. Natürlich spiegelte sich die Lebenslust auch in der eleganten Abendgarderobe der Herren wider. Die Kleiderregeln wurden gelockert und der Anzug war in vielen Kreisen nicht mehr länger eine Formalität, sondern eine Kostümierung.
Aus den USA erreichten der Jazz und der Swing Mitteleuropa, das in dieser Zeit eifrig nach seiner eigenen Identität suchte. Das oftmals anrüchige Treiben, wie es in Berlin zur damaligen Zeit zelebriert wurde, fand spätestens mit dem Erstarken des Nationalsozialismus ein jähes Ende.
Die Ära des Rock ’n’ Roll in den 1950er-Jahren
Die 50er-Jahre des vorherigen Jahrhunderts markierten die Geburt des Rebellen. Enge Jeans, weiße T-Shirts und die schwarze Lederjacke wurden zu einer Uniform, die noch heute nicht von ihrer Faszination eingebüßt hat. James Dean, Marlon Brando und natürlich Elvis Presley machten sich in dieser Ära unsterblich und die geheimnisvolle und doch auch verletzliche Maskulinität, die von diesen Stars zur Schau gestellt wurde, bleibt bis heute unvergessen. Ob Mann oder Frau, die 50-Jahre und der Rock 'n' Roll sind bis heute Ikonen und es ist immer verständlich, wenn sich Secondhand nach der Mode dieser Zeit, etwa der perfekten Lederjacke, umgesehen wird. Was damals cool war, das ist es auch heute noch.
Die Hippie-Ära der 1960er-Jahre
Flower-Power, Batik und der Einfluss des Psychedelic Rock, deren Ikonen psychoaktiven Drogen wahrlich nicht abgeneigt waren, haben die Mode zur damaligen Zeit massiv beeinflusst. Wer sich wie ein Hippie kleidete und sich zu diesen zählte, der wollte eine friedliche Revolution, war gegen das Establishment und wollte einen Umsturz. Heute beeinflusst der Hippie-Stil die Mode zwar immer noch, er wird aber gerne mit einem Augenzwinkern zur Schau gestellt und wirkt daher manchmal wie eine Verkleidung und nicht mehr länger wie ein (modisches) Statement. Ein Batik-Shirt oder ein blumiges Stirnband machen sich allerdings im Sommer immer noch gut.
Die Punk- und New-Wave-Ära der 70er- und 80er-Jahre
Leder, Nieten, Sicherheitsnadeln und Rebellion um jeden Preis – das ist der Look der Punks bis heute. Vivien Westwood machte diesen später sogar salonfähig, sodass er bis heute, inklusive seiner vielfältigen Einflüsse, nicht aus der Modewelt wegzudenken ist. Wer sich Bilder der frühen Sex Pistols ansieht, der erkennt, dass dieser Stil bis zum heutigen Tag unverändert weiterbesteht.
Aus dem Punk wurde, zumindest aus modischer Sicht, New Wave. Die größte Ikone dieser Bewegung war kein Geringerer als David Bowie, der eigentlich seine gesamte professionelle Karriere großen Einfluss auf die Mode nahm und seine Regeln stets selbst definierte.
Pop und Rave in den 1990er und 2000er-Jahren
Das Ende des 20. Jahrhunderts und der Beginn des neuen Millenniums waren schrill, laut und kaum mehr definierbar. Zu den musikalischen Ikonen dieser Zeit gehören die Spice Girls oder Madonna, die noch heute oft von Fans in ihrem Stil kopiert werden. Tatsächlich kommen die Girl-Pop-Tage immer wieder, doch die Zukunft muss zeigen, ob dieser Stil wirklich einer für die Ewigkeit ist.
Welcher Stil war nun der prägendste?
Sich final für einen der vorgestellten Stile zu entscheiden, das ist kaum möglich, schließlich gehen die Geschmäcker und die Meinungen deutlich auseinander. Wer allerdings die heutige Streetwear mit den Trends von damals abgleicht, der erkennt, dass die Phase von den 1950er-Jahren bis zu den früher 1980er-Jahren am einflussreichsten war. Bis zum heutigen Tag kam es natürlich zu deutlichen Veränderungen und Vermischungen, doch die Grundelemente so manches Outfits sind nach wie vor auf den Einfluss einstiger Ikonen zurückzuführen.
Die Wechselwirkung bleibt bestehen
Musik und Mode werden sich weiterhin gegenseitig deutlich beeinflussen. Heutige Beispiele, die zu einer Beeinflussung der derzeit modisch tonangebenden Generation Z beitragen, sind Billie Eilish oder diverse K-Pop-Band, die ihren Einfluss immer mehr auf den europäischen Raum ausweiten. Die eigene Playlist spiegelt sich also auch in Zukunft noch im eigenen Kleidungsstil wider, selbst, wenn sich derzeit keine wirklich definierbaren modischen und musikalischen Strömungen abzeichnen.
Designer greifen den Look der Stars gerne auf, im Wissen, dass Fans immer bereit sind, sich so wie ihre Stars zu kleiden. Schade ist mittlerweile nur der Fakt, dass Trends kaum mehr auf natürlichem Wege entstehen, sondern vom Markt gemacht werden. Inwiefern sie damit zu zeitlosen Klassikern werden können, die wirklich die Identität einer Generation definieren, das sei dahingestellt.